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Ratgeber für Flugreisen
Büchermarkt - Aus dem literarischen Leben
Sonntagsmagazin
Autor: Jörg Thadeusz
Bücher für die Insel
von Dr. Franz Josef Görtz



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Der Tagesspiegel vom 11. März 2000

Ratgeber für Flugreisen

Lehrreich und unterhaltsam: der kleine Begleiter für Passagiere

gws

Hätten Sie's gewusst? Wenn alle 387 Passagiere eines Jumbo-Jets immer ihr Kleingeld mit einem Gewicht von geschätzten 50 Gramm zu Hause ließen, könnte die entsprechende Fluggesellschaft 4000 Mark pro Jahr sparen. Denn ein Kilogramm Gewicht im Flieger kostet über das Jahr gerechnet 200 Liter Kraftstoff. Auch wenn spitzfindige Rechner hier zu etwas anderen Zahlen kommen mögen - dass die Gewichtersparnis bei den Flugkosten eine gehörige Rolle spielt, wird durch anschauliche Beispiele in dem Buch von Jürgen Heermann deutlich belegt. "Warum sie oben bleiben" soll ein Flugbegleiter für Passagiere sein, vom Start bis zur Landung. Und das jetzt als Taschenbuch erschienene Bändchen ist in der Tat nicht nur lehrreich, sondern auch überaus unterhaltsam geschrieben. Die richtige Lektüre keineswegs nur für den Flug-Novizen. Auch so genannte Vielflieger können einiges dazulernen. Schließlich haben sie ja in der Regel ebenso wenig Ahnung von dem, was so außerhalb ihres Blickfelds rund um das Flugzeug vor sich geht, wie Seltenflieger. Für alle Leser besteht nach der Lektüre auf jeden Fall der angenehme Nebeneffekt, dass sie beim Thema Fliegen weiter mitreden können, nur eben etwas kundiger als vorher. Und sie können sich auf dem nächsten Flug vielleicht etwas entspannter zurücklehnen, weil sie - zumindest bei den etablierten Fluggesellschaften - sicher sein können, dass zu ihrer Sicherheit für Laien unvorstellbar viel getan wird. Es waren die Fragen interessierter Passagiere, die Flugingenieur Heermann auf die Idee brachten, mal aarklein zu erläutern, was vor dem Start, während des Fluges und nach der Landung, etwa in den Wartungshallen, an Dingen passiert, die die Passagiere auch bei einigermaßen technischen Verstand bestenfalls erahnen. Der Autor versteht es, das Fliegen zum Beispiel in einer 71 Meter langen Röhre mit 400 Passagieren, 30 Tonnen Fracht und 200 000 Litern Kraftstoff zu entmystifizieren, ohne physikalische Fakten trocken herunterzubeten. Für alle Passagiere, erfahrene und weniger gewiefte, wird nicht zuletzt auch klargestellt, dass ein Wunsch beim Einchecken nur ganz, ganz selten vom Bodenpersonal erfüllt wird: "Fensterplatz am Gang, vorn, oben, Nichtraucher".

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DeutschlandRadio, Deutschlandfunk

Büchermarkt - Aus dem literarischen Leben

Sendung vom Donnerstag, den 20.04.00, 16.10 bis 16.30 Uhr

Jürgen Heermann - Warum sie oben bleiben

Rezensent: Florian Felix Weyh

Der Volksmund weiß es genau: Runter kommen sie immer. Spätestens seit der - übrigens erfundenen - Anekdote mit Sir Newton unter dem Apfelbaum lernt jedes Schulkind: Was oben ist, will nach unten. Erdanziehungskraft. Daß Vögel trotzdem über unseren Köpfen kreisen, begreift man nur über die halbwegs einleuchtende Analogie, daß wir, würden wir statt Fahrradfahren und Tennisspielen Flügel schwingen, auch nicht ewig am Boden haften blieben. Allerdings sähen wir vermutlich auch ein bißchen anders aus. Obwohl: Hubschrauber sind auch nicht gerade aerodynamisch und plumsen trotzdem nicht ständig vom Firmament. Warum sie oben bleiben? Nun, im Fall des Hubschraubers bleibt das auch nach Lektüre des gleichnamigen Werkes von Jürgen Heermann ein Rätsel, aber die zweihundertachtzig Tonnen des gemeinen Jumbo-Jets sind für den Laien auch nicht weniger mirakulös, wenn sie sich mit einigem Anlauf in den Himmel schrauben. Und was das Runterkommen angeht: Einhundertsechzig Kilometer weit kann ein Jumbo segeln, fallen alle Triebwerke zugleich aus - was Gott und die Technik verhüten möge. Mit ersterem hat Bordingenieur Heermann weniger zu tun, mit letzterem viel. Als dritter Mann im Cockpit älterer Großflugzeuge (ein durch Rationalisierungen und Automatisierung aussterbender Beruf) thront er hinter und über den beiden Piloten, unzählige Instrumente im Blick, zahllose Schalter in Griffnähe. Kein Flug ist Routine, das lernt man als erstes aus diesem Bordbuch eigener Art, jeder Jumbo-Jet hat - bedingt durch lange Einsatzzeiträume und technische Veränderungen - individuelle Macken, ein persönliches Profil. Da nur die Crew ständig wechselt und die Technik rund um die Uhr im Einsatz bleibt, wissen Piloten und Bordingenieure erst kurz vor Abflug, mit wem sie es überhaupt zu tun bekommen. Dann folgt die informatorische Schwerstarbeit. Checklisten und Handbücher müssen abgearbeitet werden, um sich mit dem Riesenvogel vertraut zu machen. Das Ganze - auch während des Fluges - mit fast kindisch anmutenden Ritualen der lauten Deklamation und ständiger Zurufe, damit sich niemals eine unkontrollierte Schludrigkeit, ein flüchtiges Überblättern einschleicht. Obwohl es in kaum einem anderen zivilen Bereich noch derartig klare Befehlskompetenzen gibt - der Kapitän hat grundsätzlich das letzte Wort - wird doch alles mit den beiden anderen besprochen. Gegenseitige Kontrolle als oberstes Prinzip, wie im technischen Bereich die Doppelbelegung vorherrscht. Nicht wie im Automobilbau (etwa durch Einführung des Airbags), sondern - der Fehler darf, wenn er eintritt, keinerlei Auswirkungen auf die Flugeigenschaften haben. Also werden die Fehler gleich mit einkalkuliert. Bis auf die, die man erst nach einem Desaster erkennt, und darüber schweigt Flugingenieur Heermann wohlweislich. Sein Buch soll nämlich beruhigen, weswegen nur selten von Unfällen die Rede ist. Statistisch vollkommen berechtigt, nur die Rolltreppe schlägt das Flugzeug in punkto Verkehrssicherheit; bis nach Amerika kommt man damit allerdings nicht. Kompetent und verständlich und darüber hinaus sogar unterhaltsam präsentiert Jürgen Heermanns kleiner Flugbegleiter "Warum sie oben bleiben" die komplexe Materie. In den physikalischen Exkursen durchaus anspruchsvoll, verzeiht die Lektüre aber manche Konzentrationsschwäche; ein paar Absätze später findet man wieder einen passablen Einstieg. Daß das altbekannte Klischee, im Cockpit säßen nur Busfahrer der Lüfte, wenig mit der Realität zu tun hat, lernt der Leser schnell: Respekt vor der Schwerstarbeit im Cockpit ist das mindeste Resultat dieses Buches. Auch im 21. Jahrhundert bleibt Fliegen ein Abenteuer mit hohem technischen und intellektuellen Einsatz, bei dem schon die Berechnung der Treibstoffmenge demonstriert, wie viele Faktoren den Flug günstig oder ungünstig beeinflußen können. Ein fahrlässigerweise in Neuseeland an Bord gebrachter Apfel, rechnet Heermann vor, verursacht auf der Reise nach Frankfurt einen Treibstoffmehrverbrauch in zweieinhalbfacher Höhe seines Volumens. Da liegt auch der Haken dieses in Insel-Qualität mit hochvolumigen Kunstdruckpapier ausgestatteten Taschenbuchs: Es wiegt mit 260 Gramm entschieden zu viel, um als Fluglektüre zu gelten. Lesen Sie´s vor der Reise und lassen Sie es zu Hause. Die Fluggesellschaft wird es Ihnen danken.

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WDR 2

Sonntagsmagazin

Beitrag: Hilft ein Buch gegen Flugangst?

Autor: Jörg Thadeusz

Prognosetag: 10.04.00

Sie werden wahrscheinlich sehr bald wieder Angst haben. Vorausgesetzt sie machen jetzt rund um Ostern Urlaub und besteigen dazu ein Flugzeug. Eine neue Statistik behauptet, daß sich 80 Prozent der Passagiere an Bord einer Verkehrsmaschine mindestens unwohl fühlen. Ein Buch verspricht Hilfe. "Warum sie oben bleiben", heißt der Titel. Geschrieben von Jürgen Heermann. Er war als Bordingenieur der Lufthansa viele Jahre oben. Der Klapptext verspricht einen anschaulichen Einblick in die komplexe der Welt der Fliegerei. Schließlich sei Fliegen ein großer Menschheitstraum. Für Jörg Thadeusz ist Fliegen nichts als ein schlimmer Alptraum, er hat das Buch gelesen.

Es fängt schon im Flughafenparkhaus an. Normalerweise spreche ich kein Wort mit ihm, aber vor dem Flug sage ich meinem Auto Lebewohl. Ich versichere ihm, daß er immer ein treuer Gefährte war und wünsche ihm von ganzem Herzen, daß sein neuer Besitzer gut zu ihm ist, dann .. wenn ich in die Maschine eingestiegen .. ja und abgestürzt bin. Der lange Fußmarsch zum Terminal, das ist für mich Dead man walking, Toter Mann geht. Auf der Bordkarte lese ich die Flugnummer und weiß, diese Nummer taucht heute noch in der Tagesschau auf. Unglücksflug LH irgendwas und ich saß leider drin. Beim Blick auf die Maschine sehe ich nur die Zusammensetzung mehrerer angehender Trümmerteile.

Bordingenieur Heermann offenbart sich als Wesen von einem anderen Stern, denn er spricht gleich im Vorwort von FIugzeugen und Liebe Er sei Techniker und liebe diese riesigen, sensiblen Gebilde. Ich habe mich immer gefragt, was wird eigentlich aus den Jungs, die in der Schule in Mathe und Physik so schrecklich gut sind. Da haben wir die Antwort: Sie werden Techniker und verlieben sich in Flugzeuge.

Dann kommt auch gleich schon die Stelle des Vorwortes, an der das Buch für den Flugängstlichen zur nutzlosen Luftnummer wird. Er habe auch bei jedem Start immer gezweifelt, ob sich so ein Koloß wirklich in die Luft erheben kann, schreibt der langjährige Bordingenieur Heermann. Herr Heermann, wenn vorne im Cockpit schon so gezweifelt wird, können sie sich dann nicht vorstellen, warum wir hinten ganz sicher sind, daß wir gleich dem Schöpfer gegenübertreten? Sobald die Triebwerke losfauchen?

Er erklärt packend und plastisch, der Herr Heermann. Wie Hydraulik funktioniert, warum bei Flugzeugreifen durchaus das Gewebe durchgucken darf, warum die Piloten über ihre Position mehr sagen können, als nur "Wir sind hier oben". Fliegen ist eine Herausforderung der Naturgewalten, meint auch Herr Heermann. Aber weil alles meßbar und erklärbar ist müßte man sich nicht fürchten. Schließlich sitzen da vorne ja Leute, meint Ingenieur Heermann, die ihre Instrumente besser kennen, als die Muttermale ihres Partners. Die haben einfach alles im Griff und wenn es ganz dicke kommt, einfach alles mal ausfällt, dann fahren die halt den Hilfspropeller aus.

Allein bei der Vorstellung in einem 400 Tonnen schweren Jumbo zu sitzen, der gerade nur mit einem Hilfspropeller unterwegs ist, wird ein Zahnarztbesuch, oder eine Magenspiegelung zum reinen Fest für die Sinne. Wir leben einfach in verschiedenen Welten, der schreibende Bordingenieur und der Flugpaniker. Er spricht von Sternenbildern, die man aus dem Cockpit nachts über dem Atlantik sieht. Ich sehe die attraktive Stewardess und denke, warum ist diese Frau erst so spät in mein Leben getreten, so kurz vor dem Aufprall auf der Wasseroberfläche. Heitere physikalische Lehrstunde, nennt Herr Heermann die Turbulenzen. Ich denke an entwürdigende Szenen, in den ich hysterisch kiekse und eigentlich auf dem Mittelgang kniend alle Gebete sprechen will, die mir einfallen.

Knoten, Sinkrate Luftgeschwindigkeit, Herr Heermann kennt selbstverständlich alle wesentlichen Maßeinheiten mit Vor- und Zunamen und stellt sie charmant vor. Aber wo bleibt das Menschliche, also das unberechenbare, riskante Element?

Wie dieser russische Pilot, der seinen vierjährigen Sohn fliegen ließ. Das Landemanöver des Jungen hat keiner der mehr als 100 Passagiere überlebt. Kann man nicht messen, aber vielleicht mal riechen, Herr Heermann, wenn da der Kollege Kapitän den bevorstehenden Start mit Takeoff-Tequila gefeiert hat. Herr Heermann berauscht sich da lieber an der Tatsache, daß selbst eine vollbeladene Boeing 747 aus 10.000 Meter Höhe noch 160 Kilometer weit segeln kann. Wenn alle Triebwerke ausgefallen sind. Und was, wenn bei Kilometer 161 immer noch die Alpen ganz ungünstig im Weg stehen? Der Bordingenieur mag die ganz hohen Flugflächen, 8,9 oder sogar 11.000 Meter, denn da geht mit wenig Sprit viel Tempo. Ich, Herr Heermann, mag Ebene 5. Da hat bei der letzten Rückkehr mein Auto gestanden.

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NDR

Bücher für die Insel

von Dr. Franz Josef Görtz

Und wenn es nun regnet? "Jeder kennt ihn; kaum jemand mag ihn; ich aber liebe ihn: den Regen." Das ist ein Bekenntnis. Wer einen solchen Seufzer an den Anfang eines Büchleins stellt, wird seine Gründe haben. Und darum sein Leben nur in Sonnen- und Regentage einteilen, das persönliche Glück allein von Menge und Art der Niederschläge abhängig machen. Über Hagel im Herbst und Wolkendunst im Winter gibt es Gedichte und Erzählungen in Hülle und Fülle. Dieses Buch, über den Regen in allen Jahreszeiten, hat uns lange gefehlt. Simone Frieling, die im Vorwort so vorwurfsvoll vom Regen schwärmt, hat Poesie und Prosa zum Thema gesammelt und für den Insel Verlag zu einem Taschenbuch gebündelt, das in jedes Handschuhfach und in jeden Rucksack gehört: "Das Regenbuch" ist sein Titel. Wir haben es, für jede Art von Reise, immer im Gepäck. John Updike hat das Motto geliefert: "Regen ist zur Erde niedersteigender Himmel, ohne Regen gäbe es kein Leben." Damit trösten wir uns, solange nur Wolken zu sehen sind.

Und wenn wir nun fliegen müssen, aber die Angst davor immer noch nicht losgeworden sind? "Alle Flugzeuge der Welt haben erstklassige Bremsen, die aber zum Parken nicht taugen." Da meldet sich der Fachmann zu Wort. Und beantwortet Fragen, die wir der Stewardess nie zu stellen gewagt hätten. "Warum sie oben bleiben" lautet der Titel eines flugtechnischen Aufklärungsbuchs, das sich wie eine Folge unterhaltsamer Geschichten liest und nicht bloß erklärt, warum Flugzeuge fliegen, sondern auch, warum sie Kraftstoff sparen, wenn sie nicht nonstop unterwegs sind, sondern eine Zwischenlandung einlegen. Sein Autor ist Jürgen Heermann, Flugingenieur auf einer Boeing 747. Natürlich weiß er nicht nur, aus wieviel Millionen Einzelteilen sein Jumbo zusammengebaut ist. Sondern auch, wie man ihn auf sicherem Boden verläßlich zum Stehen bringt. Sein Vademecum, als Taschenbuch ebenfalls im Insel Verlag erschienen, macht die lange Zeit zwischen Start und Landung deutlich kurzweiliger. (fjg.)

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