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Nachfolgender Beitrag ist
erschienen in "Cabin-what´s up?" - Zeitung für das
Kabinenpersonal der deutschen Lufthansa, Ausgabe 01/2001 vom
01.02.2001
PAD, Umwelt und
aufstoßende Kühe
von Jürgen
Heermann
Zahlen
sollen verblüffen, belegen, täuschen oder einfach nur etwas ins
bessere Licht rücken. Hören wir, dass es ein Unternehmen auf 75
Jahre brachte, denken wir an Oma und haben verständlich Respekt. Spätestens
bei der Einwohnerzahl Indiens ist unsere Vorstellung vorbei. Ohne
eine lebensnahe Übersetzung, dass jeder fünfte ein Inder ist (und
jeder Tausendste ein Hesse), bleibt sie uns fremd. Kaum noch
vorstellbar, wenn wir lesen, dass in den USA an jedem Kalendertag
weit mehr als eine Millionen Jeans verkauft werden?
Obwohl nie darüber nachgedacht, können
wir uns vielleicht eher dies vorstellen: Würden Sie den in einem
Jahr verbrauchten Strom einer B747 über einen Haushaltszähler
laufen lassen, so wären das 50.000 Euro Stromkosten. Darüber
hinaus müsste er, wegen seiner schwierigen Herstellung,
betriebswirtschaftlich gesehen etwa fünfmal soviel kosten.
Muss nun der Lichtschalter her fürs Klo
oder können wir woanders mehr einsparen? Ja, wir können, wissen
aber häufig nichts über die Größe der Einsparung. In keinem
Werksprospekt ist aufgeführt, dass ein Durchschnittsauto bei 160
Kilometer pro Stunde ein gutes Drittel mehr verbraucht, als bei 120.
Manchmal glauben wir sogar
in die falsche Richtung. In allen Freizeitdisziplinen will
man zumindest optisch mit den Profis gleichziehen - und schaut auf
die Reifen der Rennautos. Sie aber haben Breitreifen aus einem
Grund, der nicht so einfach auf Straßenfahrzeuge zu übertragen
ist. Kein Autohersteller
spricht laut vom physikalischen Grundprinzip, dass die Reibung, die
gleichbedeutend ist mit der Haftung des Reifens auf der Straße, unabhängig
ist von der Fläche, aber der Roll- und Luftwiderstand mit der
Breite des Reifens zunimmt. Demnach kann ein Breitreifen kaum mehr,
als den Roll- und Luftwiderstand unangenehm und damit das Fahrgeräusch
kräftig und den Benzinverbrauch spürbar erhöhen.
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Die physikalische Formel für
Reibung, ist eindeutig und einfach: Reibung ist gleich Gewicht
multipliziert mit dem Reibungskoeffizienten. Da bleibt die Fläche
draußen. Selbst gestandene Ingenieure kommen dabei ins Staunen.
Viele
Mitbürger legen offensichtlich gern kräftig Hand an und lassen
allabendlich ihre grauen Rollläden herunter. Das spart in einem
modernen Einfamilienhaus der üblichen Größe etwa 14 Cent pro Tag
in der Heizperiode. Sperrt jeder der vierköpfigen
Familienmitglieder das Wasser in der Dusche beim Hantieren mit der
Seife für nur eine Minute ab, spart das jeden Tag 34 Cent Strom
oder 7 Cent Gas.
Haben Sie in die richtige Richtung gedacht,
wenn Sie erfahren, dass eine B747 bei einem 14 Stunden-Flug 25000
Liter mehr verbraucht, gegenüber der gleichen Strecke, aber mit
einer Zwischenlandung in der Mitte? Kein lukrativer Gedanke für die
Fluggesellschaft aber ein Gedanke an die Umwelt (vergl. Buch
"Warum sie oben bleiben", S. 187, Kapitel "Der
Verzicht spart, der bewußte Umgang auch"). So hoch
die Kraftstoffeinsparung auch sein mag, die Kosten einer
Zwischenlandung mit Landegebühr und Crewwechsel sind höher. Aber
ist es hier nicht so, wie mit dem Katalysator im Auto? Er macht das
Auto teurer, den Verbrauch höher und die Leistung geringer, und wir
haben ihn dennoch.
Wussten Sie, dass der Apfel, den Sie auf
Ihrem Flug aus Neuseeland mitbrachten, das Zweieinhalbfache seines
Volumens an Kraftstoff verbrauchte? Dennoch sollten Sie auf dieses
Mitbringsel nicht verzichten.
Erst
wenn Sie in der Lage sind, die Folgen für die Umwelt abzuschätzen,
werden Sie für sich richtig entscheiden, mit wie viel Sie bereit
sind, beizutragen. Dabei zählt nur Ihre individuelle Einstellung,
nicht die Tatsache, dass andere die Umwelt mehr belasten.
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Anderenfalls
brauchte sich der Luftverkehr nicht mit großem Aufwand zu bemühen,
seine derzeit 2,4 Prozent der vom Menschen verursachten
Kohlendioxid-Emissionen weiter zu reduzieren. Je nach Quelle
entweichen 80 oder 110 Millionen Tonnen Methangas jährlich weltweit
in die Atmosphäre durch das Aufstoßen von Kühen (Wiederkäuer).
Das sind 15% an den schädlichen Gasemissionen die zum
Treibhauseffekt und damit zur Erwärmung der Erdatmosphäre
beitragen.
Da wäre
der Gedanke, wie viel Kraftstoff die 75 Jahre alte Deutsche
Lufthansa eingespart hätte, wenn die Männer statt eines
Zweireihers einen Einreiher getragen hätten, nur noch etwas für
die Rechenfreaks. Und der Mehrverbrauch von 44 Liter einer B747 von
Frankfurt nach New York mit einem zusätzlichen PAD ist im Cockpit
ohnehin nicht ablesbar.
Anmerkung:
PAD ist die Abkürzung für "passenger available for
disembarkation". Sie bezeichnet den privat fliegenden Angehörigen
einer Luftfahrtgesellschaft.
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Sie Tausendfach
daneben!" |
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