Die neunte
Variante
Größer - Weiter -
Komfortabler, die neue Boeing 767-400ER
von Jürgen
Heermann
Dieser Beitrag ist erschienen in der Septemberausgabe der
Zeitschrift "der Flugleiter" (3/2000)
Die erste Boeing 767, das erste Zivilflugzeug mit transsonischem
Flügel, ging 1982 in Dienst. Schaut man sich die neueste Kreation
an, so fällt auf, dass dort, wo die Tragfläche gewöhnlich ihr
Ende findet, hier der "Raked Wingtip" beginnt. Ein gehöriges
Stückchen Verbundwerkstoff mit einer noch größeren Pfeilflügelung
als die der Tragfläche selbst. Es vergrößert die Spannweite um
4,35 Meter. Obwohl eine überaus raumgreifende Lösung, um dem
induzierten Widerstand Einhalt zu gebieten, kann das Flugzeug mit
knapp 52 Meter Spannweite dieselben Gates benutzen wie die
DC-10-30, die MD-11 oder die L-1011.

Foto: Boeing
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Laut Boeing sollen die
"Raked Wingtips" bis zu fünf Prozent Kraftstoff sparen
und das Flugzeug soll im Vergleich zur A330-200 insgesamt 7,5
Prozent weniger Treibstoff verbrauchen. Stellt man dagegen, dass
Airbus mit geringfügig anderen Bedingungen angibt, die 767-400ER
(ER – extended range) wäre es, die 4 Prozent mehr benötigt, so
bleibt unterm Strich der insgesamt geringe Verbrauch.
Vergleichende Werbung
findet bei Boeing volle Anwendung. Der Konkurrent ist A330-200,
eine verkürzte Version der A330-300 mit interkontinentaler
Reichweite. Mit ihr werden Kosten und Leistungen der 767-400ER
verglichen. Darüber hinaus wird die stalleigene 777 als Maß
aller Dinge bezüglich modernem Layout von Cockpit und Kabine
herangezogen.
Die 777 hatte sie zuerst,
die Flüssigkristallbildschirme (LCD – liquid crystal display).
Sie sind langlebiger und mit über 20 cm Seitenlänge deutlich größer
und eher noch besser ablesbar als die wärmeproduzierenden
schweren Glasbildschirme (CRT – cathode rate tubes), die auf
Grund einer besonderen Technik nicht einfach vergrößert werden können,
wie von Jahr zu Jahr das Fernsehbild im Wohnzimmer. Mit dem neuen
777 Cockpit-Look der 767-400ER haben auch FANS/CNS/SATM,
elektronische Checklisten und die Zusammenfassung wichtiger
Informationen das Cockpit erobert. Dieser Standard soll demnächst
auch für die 767-200ER und –300ER verfügbar sein.

Foto: Boeing
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Für die wirtschaftliche
Effizienz eines Flugzeugs ist es nicht nur wichtig, dass seine
Struktur modernsten Erkenntnissen entspricht und die Triebwerke
aus der letzten Entwicklungsserie stammen. Erst eine ausgewogene
Triebwerk-Flugzeug Integration bringt überlegene
Wirtschaftlichkeit. Das gelingt nicht immer. Triebwerke der
jeweils neuesten Generation gibt es nicht in Größenabstufungen,
wie Schuhe im Geschäft. Die 767-400ER ist mit Pratt & Whitney
PW4000 oder mit General Electric CF6-80C2 zu haben. Das sogenannte
Stage-III-Requirement erfüllt das Flugzeug in jedem Fall. Der
Physik sei Dank, dass ein Triebwerk mit zunehmend vergrößertem
Bypassverhältnis für seinen fabrizierten Schub nicht nur weniger
Kraftstoff schluckt, sondern darüber hinaus auch noch leiser
wird.
Um 15 Prozent mehr
Sitzplatzkapazität zu bekommen, wurde der Rumpf um 6,43 m verlängert.
Da es gegenüber der ersten Version 767-200 nicht die erste Verlängerung
ist, mussten diesmal auch die Hauptfahrwerke verlängert werden.
Eine knifflige Technik ermöglicht, dass sie in die Fahrwerkschächte
passen. In der typischen Drei-Klassen-Bestuhlung kann das Flugzeug
245 Fluggäste aufnehmen und damit nach Herstellerangaben 10464 km
zurücklegen. Zugelassen ist es für maximal 350 Passagiere.
Werden zwei Türen zusätzlich eingebaut, dürfen es sogar 440
sein.
Die 767 ist das erste
Flugzeug, dass die ETOPS-Zulassung für 120 Minuten (1985) und 180
Minuten (1989) bekam. Im August 2000 wurde die erste 767-400ER an
Delta Airlines ausgeliefert. Bis dahin sind etwa 900 der
767-Varianten verkauft worden. Mit 2000 Flügen pro Woche fliegt
die 767 häufiger über den Nordatlantik als jeder andere Jet.
Jeden Tag überqueren 500 Flugzeuge den Teich. Davon ist jedes
zweite eine Boeing 767. Listenpreis: 120 bis 132,5 Millionen
Dollar (B767-400ER). |