Bericht 3:
2 ½ Monate
vergingen schneller, als wir dachten
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Pilot:
"Goodyear Tower, Archer 4141U at run up area, request taxi
with Information Charlie."
Tower: "Archer
4141U, Goodyear Tower, taxi to runway 21."
Pilot: "Taxi to
runway 21, Archer 4141U."
Ein Funkspruch. Nichts
Besonderes, ganz normal, "Standard wie immer" würde ein
erfahrener Pilot sagen. Doch in meinen ersten Flugstunden war ich
froh, wenn ich zum einen den Towerlotsen überhaupt verstanden und
zum anderen dann auch noch alles richtig zurückgelesen habe.
Richtig erkannt, ich
berichte von meinem ersten Aufenthalt in Phoenix, genauer genommen
in Goodyear. Im September flogen wir ins ferne, warme Arizona.
Mein Kurs (24 Jungs, 10 Mädels) kam mit Vorfreude auf das Piper
Archer-Fliegen im Grand Canyon State an. Aufgrund des
11.Septembers wurden wir jedoch alle für die ersten Tage "gegrounded".
Kein Flieger durfte rausgehen. Wir nutzen die Zeit: Das neue
Zuhause für die nächsten 2 ½ Monate wurde eingerichtet, Führerscheine
umgeschrieben und Einkäufe in den riesigen Supermärkten und
Malls getätigt.
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Endlich war es soweit:
Der Luftraum wurde wieder freigegeben.

morgens
abends
Dann mein allererster
Flug: Mein Fluglehrer neben mir sitzend, meine Freundin wiederum
hinter meinem Fluglehrer sitzend. Und ich: Vorne! Links vorne! Und
soooo viele Knöpfe und Anzeigegeräte... Und dann der erste
Takeoff! Ich zog das Steuerhorn an mich, schaute zu viel nach draußen,
so dass ich die Speeds, Steigrate und das Heading völlig vergaß.
Nun ja, das war mein erster Flug!
Mit der Zeit lernten wir
nicht nur, die Instrumente zu überwachen, sondern die richtige
Mischung zwischen dem "Auf-die-Instrumente-Schauen" und
dem "Nach-draußen-Schauen". Die Items, an die wir uns
in den ersten Flugstunden teilweise nur wage erinnern konnten,
kamen mit der Zeit ganz von alleine. Ebenso wussten wir bereits
nach wenigen Flugstunden, wie die Archer auf Änderungen der
Konfiguration reagierte. Steep turns (bank angle: 45°), Slow
flight, Power on- und Power off- Stalls übten wir ohne Ende
genauso wie Starts und Landungen (Touch-and-go’s). Mobile wurde
neben Buckeye der meist angeflogene Flugplatz.

Festgehalten im Bild:
Nicoles zweiter Alleinflug
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Am 22.10. war es dann
soweit: Nachdem ich zuerst 3 Platzrunden mit meinem IP (=Instructor
Pilot, =Fluglehrer) geflogen bin, durfte ich ganz alleine 3
Platzrunden in Mobile drehen. Ich erinnere mich noch gut an das
Gefühl, das ich beim ersten Takeoff hatte: Unglaublich, dachte
ich, dass dieses Flugzeug überhaupt fliegt bzw., dass ich dieses
Flugzeug steuern kann. Einen Tag später dann der zweite
Alleinflug. Dieses Mal durfte ich schon eine Stunde alleine
Platzrunden fliegen. Ein paar Flugstunden später flog jeder aus
meinem Kurs alleine von Goodyear in eine Trainings Area los, um
dort Airwork (Steep turns etc.; s.o.) zu üben. Danach folgten
meist einige Platzrunden in Buckeye oder Mobile und schließlich
ging es wieder nach Goodyear zurück.
Gegen
Ende Oktober fingen die Cross-Country-Flüge, d.h. die Überlandflüge,
an. Die anfängliche Flugplanung dafür raubt uns doch einige
Stunden des Nachmittages, aber nach einigen Flugplanungen lief
auch dies wie am Schnürchen. Flüge nach Tucson, Marana, Pinal
(Air Park Pinal siehe Foto), Coolidge, Gila Bend, Parker, Blyth,
Lake Havasu, Needles etc. und sogar nach Sedona wurden gemacht.
Gegen Mitte November hatte jeder von uns zwei 300km
Solo-Cross-Country-Flüge zu absolvieren. Zur
"Kontrolle" für das LBA (Luftfahrt Bundesamt) bekam
jeder bei einem Solo-Flug einen Barographen mit, auf dessen
Ausdruck bzw. Mitschrieb natürlich jeder Go-around, Full-stop
oder auch touch-an-go zu sehen war.
Nun wird bei dem ein oder
anderen Leser sicher der Eindruck erweckt, dass wir Tag und Nacht
durch die Gegend geflogen sind. Nein, ganz so war es nun auch
wieder nicht. Morgens bzw. vormittags wurde geflogen. Drei/vier
Flugschüler "teilten" sich einen IP, der dann
abwechselnd immer mit zwei Flugschülern flog. Hatten diese beiden
Flugschüler ihre missions beendet, so hatten sie danach noch
einige Papierarbeiten vor sich. Nach dem Ausfüllen von Logbüchern
etc. ging es oftmals direkt in die Kantine zum Mittagessen. Am
Nachmittag wurden Items und Procedures am Pool bei herrlichem
Sonnenschein gelernt.
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Mit der Zeit merkten fast
alle aus meinem Kurs, dass man ohne einen fahrbaren Untersatz doch
ziemlich aufgeschmissen war. Ein Spaziergang zum nächstgelegenen
Supermarkt entpuppte sich als eine mindestens 1-stündige
Wanderung (Hin- und Rückweg) an einer befahrenen Straße. Also
schlossen wir uns in Gruppen zusammen und kauften uns dann bei
anderen Flugschülern oder auch Privatleuten ein Auto. Mit diesen
Autos ging es dann fast täglich zu Walmart, Fry’s oder
Albertsons, und wenn es auch nur darum ging nachzusehen, ob die
Fotos schon entwickelt waren oder einen O-Saft zu kaufen.
Die
Wochenendplanungen stellten sich immer wieder als recht
verschieden heraus: Während einige Kollegen/Kolleginnen nicht
genug von der Sonne Arizonas am Pool bekommen konnten, entschieden
sich andere dazu die Gegend oder auch Shopping-malls zu erkunden.
Ich gehörte zu letzteren- genauso meine Freundin und drei meiner
Freunde. So wanderten wir beispielsweise im Walnut Canyon in der Nähe
von Flagstaff, kamen in den Genuss der wunderschönen Landschaft
rund um Sedona, sahen die riesigen Saguaro-Kakteen im National
Park nahe Tuscon und spielten in den Spielcasinos von Las Vegas.
Natürlich verbrachten wir auch einige Stunden in den großen
Shopping-malls - unser Rekord lag bei sage und schreibe 8 Stunden
Dauershopping.
Besonders die Ausflüge
in die wunderschönen Landschaften haben bleibende Eindrücke
hinterlassen. Unzählig viele Fotos haben wir gemacht, die von
unseren Familien und Freunden teilweise mit "Ach ja, schon
wieder eine Kaktee. Habt ihr denn auch noch was anderes
gesehen?" kommentiert wurden. Auch Anmerkungen wie zum
Beispiel "Das ist ja unglaublich, dass Du schon so ein
Flugzeug fliegen kannst! Bist Du auch wirklich schon ganz alleine
geflogen?!", "Ihr hattet ja immer schönes Wetter."
oder "Ihr habt ja ganz schön viel gesehen!" bekamen wir
zu Hause zu hören.
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Insgesamt vergingen die 2
½ Monate schneller, als wir es alle gedacht hatten.
Das Fliegen hat allen von
uns sehr viel Freunde gemacht und der erste Alleinflug
wird immer etwas Besonderes bleiben. Jeder von uns hat seine
Erfahrungen gemacht. So habe auch ich gelernt, dass es immer
besser ist, die Funkfrequenz vor dem Funken nochmals zu überprüfen,
denn ansonsten kann es passieren, dass man –so wie es mir
passiert ist- von dem Towerlotsen mit den Worten " Archer
81M-LADY, please check your freuquency!" angesprochen wird.
Peinlich, peinlich...
Nun stehen wieder einige
Wochen Theorielernen in Bremen bevor. Mitte Februar geht es wieder
nach Goodyear- dann für etwa 5 Monate. Wir werden die Beechcraft
Bonanza fliegen lernen (ca. 100 PS mehr, Einziehfahrwerk, etc.).
Für uns alle wird dies
eine neue Herausforderung, der wir uns aber gerne stellen, da wir
alle bemerkt haben, wie sehr uns das Fliegen Spass macht!
Nicola Thiehle, Dezember
2001
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